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Kommunikation

Dr. Ines Ackermann
Polonistin und Kulturwissenschaftlerin,
Trainerin für transkulturelle Bildung,
Dolmetscherin

Einführung: Sprache als Werkzeug der Integration

Ein großer Teil unserer Kommunikation funktioniert über gesprochene oder geschriebene Sprache. Bedeutet das also, dass bei einem Austausch, in dem die Gruppe aus Polen und die Gruppe aus Deutschland keine gemeinsame Sprache sprechen, nicht kommuniziert werden kann? Und was passiert, wenn in der Gruppe noch andere Teilnehmende sind, die eine andere Muttersprache haben oder sich nicht verbal ausdrücken können? Zum Glück ist auch hier Kommunikation möglich. Mit Sicherheit kennen die Teilnehmenden aus ihrem Alltag Möglichkeiten, sich zu verständigen oder entdecken sehr schnell neue Wege. Im inoffiziellen Teil von Begegnungen entsteht oft eine Sprache, die für die Teilnehmenden am einfachsten ist – z. B. ein Mix aus allen Sprachen, die sie kennen (Polnisch, Deutsch, Englisch, Türkisch, Arabisch, Gebärdensprache, nonverbale Kommunikation usw.). Hier können Organisatorinnen und Organisatoren sicherlich einiges von den Jugendlichen lernen. Auch für den offiziellen Teil des Programms gibt es verschiedene Arten, mit der Sprachenvielfalt umzugehen.

Diese werden im Folgenden näher beleuchtet und lassen sich auch gut kombinieren:

  • eine Sprache wird offizielle Programmsprache,
  • ein/-e Sprachmittler/-in wird eingesetzt,
  • es kommen möglichst beide/alle Sprachen vor, Methoden der Sprachanimation und nonverbale Kommunikation werden eingesetzt.

Die Sprache der Begegnung

Viele Organisatorinnen und Organisatoren, besonders von schulischen Austauschprojekten, sprechen im Team gemeinsam Deutsch und erwarten auch von den Teilnehmenden, dass dies die Sprache der Begegnung ist – schließlich lernen die polnischen Schüler/-innen Deutsch in der Schule. Das kann funktionieren, es sollten aber folgende Punkte bedacht werden:

  • Wenn die Teilnehmenden mit einer anderen Muttersprache als Deutsch immer eine Fremdsprache sprechen müssen, die deutschen aber immer ihre Muttersprache sprechen, gibt es ein Macht- und Kompetenzgefälle zwischen den Gruppenteilen. Schließlich kann man sich in der Muttersprache besser und schneller ausdrücken und läuft auch nicht so leicht Gefahr, versehentlich etwas Albernes zu sagen oder von der Lehrkraft kontrolliert zu werden. In dieser Situation haben es die deutschen Teilnehmenden also deutlich leichter. Würde z. B. Englisch als gemeinsame Begegnungssprache gewählt, müssten alle eine Fremdsprache sprechen.
  • Andere Sprachen als das Deutsche tauchen im offiziellen Teil der Begegnung nicht auf. Dies lässt sich durch Methoden der Sprachanimation ändern – dadurch lernen auch die deutschen Teilnehmenden ein wenig Polnisch bzw. die Sprachen der anderen Teilnehmenden.
  • Sollten in der Gruppe Teilnehmende sein, die sich sprachlich nicht ausdrücken können, muss das Programm entsprechend angepasst werden, d. h. statt langer Diskussionen im Plenum können Methoden wie z. B. Theater oder Musik angewendet werden.

Dolmetschen und Übersetzen bei Projekten

Bei vielen Begegnungen wird zwischen den einzelnen Sprachen gedolmetscht. Häufig übernehmen diese Aufgabe die Lehrer/-innen oder Teamer/-innen, die beide Sprachen sprechen. Sie nehmen dann aber eine doppelte Rolle im Projekt als Leiter/-innen und als Übersetzer/-innen ein und können sich auf keine der beiden Aufgaben richtig konzentrieren.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass ein/-e Sprachmittler/-in die gesamte Begegnung begleitet. Das ist eine Person, die nur für das Dolmetschen dabei ist und auch sonst die Gruppe sprachlich unterstützen kann.1

Das DPJW bezuschusst den Einsatz von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern sowie Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern.

Für Teilnehmende kann eine konsekutive Verdolmetschung interessant sein, da sie alles in beiden Sprachen hören und so überprüfen können, wie gut sie die andere Sprache verstehen. Gleichzeitig kann es auch sehr ermüdend sein, da jede Gesprächsrunde nun doppelt so lange dauert und es leicht passieren kann, dass man in Gedanken abschweift, wenn gerade gedolmetscht wird. Bei der Planung eines Jugendprojektes muss man also alle Teilnehmenden mit ihren individuellen Wahrnehmungsfähigkeiten in den Kommunikationsprozess einbeziehen.


Möglichkeiten zur Unterstützung der Kommunikation: Sprachanimation und mehr

Um die Kommunikation in der Gruppe zu stärken und allen Teilnehmenden die anderen Sprachen ein wenig näher zu bringen, wurde die Methode der Sprachanimation entwickelt. Kurz gesagt handelt es sich dabei um Integrationsspiele, bei denen die Teilnehmenden nebenbei die andere(n) Sprache(n) kennenlernen. Das können Kennenlern- oder Warm-Up-Spiele, aber auch längere Rollenspiele sein.2. Die Methode der Sprachanimation ist vielfältig anwendbar: Wenn ein Teil der Gruppe z. B. schon etwas Deutsch spricht, der andere Teil aber noch kein Polnisch, oder auch der/die Teamer/-in eine der Sprachen nicht beherrscht, ist dies kein Problem, denn es gibt immer jemanden, der die eigene Muttersprache akzentfrei vorsprechen kann. Auch verschiedene Schwierigkeitsstufen und mehrere Sprachen auf einmal sind möglich. Wichtig dabei ist: Es soll Spaß machen und keinen Druck. Fast noch wichtiger als das Erlernen der Sprache ist bei der Methode, dass die Gruppe sich kennenlernt und merkt, dass sie miteinander kommunizieren kann – egal, auf welchem Weg. Denn zur Sprachanimation gehören auch Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation (z. B. durch Malen, Theater spielen oder Musik). Dabei können auch Teilnehmende mit Einschränkungen ihre Fähigkeiten einbringen.

Auch die „Leichte Sprache“ ist interessant für Jugendbegegnungen. Sie ist nicht nur eine Erleichterung, wenn man Deutsch als Fremdsprache erlernt, sondern hilft vor allem auch Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderungen, Texte leichter zu verstehen und unterstützt somit die Barrierefreiheit. Auch allen anderen erleichtert sie, Inhalte schneller zu erfassen. Für Leichte Sprache gibt es feste Regeln, wie etwa Abkürzungen und große Zahlen zu vermeiden oder passende Bilder in Texte einzubauen (s. „Die Regeln für leichte Sprache“ (PDF)).

Von Jugendlichen werden immer häufiger Smartphones als Unterstützung der Kommunikation genutzt, und das nicht nur in bilingualen Gruppen. Hier können gemeinsam genutzte Apps und Gruppen ein Kennenlernen schon vor der Begegnung unterstützen und dazu beitragen, dass der Kontakt und Austausch später weiter bestehen bleibt. In welchem Maße während einer Begegnung Smartphones und das Internet3 offiziell genutzt oder auch verboten werden, sollte unbedingt im Voraus für die gesamte Gruppe festgelegt werden und dabei auch bedacht werden, dass Teilnehmende, die kein Smartphone besitzen, leicht von der Gruppe ausgeschlossen sind.

Materialien auf Deutsch:

Materialien auf Englisch:

Materialien auf Polnisch →

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