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Janusz Korczak und auf Subjektivität basierende Institutionen

Wojciech Lasota
Stiftung Korczakowska

Janusz Korczak1 ist das literarische Pseudonym von Henryk Goldszmit (geb. 1878 oder 1879, gest. 1942, ermordet durch die Nationalsozialisten), der sich u. a. stark gesellschaftlich engagierte, als Schriftsteller, Publizist, Arzt und Denker tätig war und soziale Institutionen leitete, darunter das Haus der Waisen (Dom Sierot)2 für jüdische Kinder (1912-1942), denen ein außergewöhnlicher Ansatz zugrunde lag.

Institutionen werden sehr unterschiedlich definiert, im vorliegenden Text werden unter dem Begriff vor allem Organisationen, wie beispielsweise eine Schule oder eine Nicht-Regierungsorganisation, verstanden. Das Kind ist ein vollberechtigtes menschliches Wesen3, ein uns gleichwertiger Mensch4, schrieb Korczak 1939. Vertreten hatte er diese Ansicht bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Er zog hieraus weitreichende Schlussfolgerungen und schuf auf Grundlage dieser Interpretation5 außergewöhnliche Einrichtungen. Das Fundament ihrer Arbeit bildete die Anerkennung der Subjektivität aller beteiligten Personen. Dies bedeutet die Anerkennung, dass jeder Mensch das Wissen und die Möglichkeit hat, einen bewussten und damit reellen Einfluss auf das eigene Leben und sein Umfeld zu haben. Kann ich meine Institution auf Subjektivität aufbauen? Korczak würde antworten: Ich weiß es nicht und kann es nicht wissen.6 Es gibt jedoch einen Weg, dies herauszufinden. Der Text „Janusz Korczak in Europe Old and New“7 enthält unter anderem Übungen, die das Nachdenken über Subjektivität erleichtern.8 Anschließend sollte man sich mit folgenden Aspekten beschäftigen:


1.

Fühlst du dich auf deiner Arbeit wie ein Subjekt behandelt? Behandelst du andere wie ein Subjekt dank der Arbeitsweise deiner Institution oder entgegen dieser?

2.

Du näherst dich einem an Subjektivität orientierten Handeln immer dann an, wenn:

  • du dir dessen bewusst bist und an den Ergebnissen siehst, dass es deine Absicht ist, die Subjektivität der Menschen um dich herum zu respektieren.
  • du offen bist für authentische Gespräche, bei denen nicht bloß einfach Rollen gespielt werden (z. B. Lehrer-Schüler).
  • Verträge mit anderen von dir als verschriftlichte Absprachen zwischen gleichberechtigten Partnern/-innen und nicht als Kontrollinstrument verstanden werden.
  • ihr eine klare Sprache verwendet, Situationen untereinander klärt und eventuelle Unklarheiten nicht das Ergebnis von Manipulationen sind.

3.

Informationen, die ihr miteinander teilt, liegen offen und sind allen zugänglich. Genauso offen liegen die Grenzen eurer Beziehungen und es ist klar, welches Verhalten diese Grenzen überschreitet. Es sollten alle, so weit wie das möglich ist, Zugang zum Wissen hinsichtlich jener Ereignisse und ihrem Zustandekommen haben, die für die gesamte Gruppe von Bedeutung sind, um ihre Konsequenzen besser verstehen zu können. Schließlich sollten auch die Entscheidungen der Personen offenkundig sein, die verantwortlich dafür sind warum und zu welchen Informationen andere Zugang haben sollten.

  • Personen aus der Gruppe/Klassengemeinschaft fühlen sich nicht nur verantwortlich für ihre Aufgaben, sondern auch für ihre gesamte Verfassung, darunter auch ihr Wohlbefinden, und dafür Schwierigkeiten und Herausforderungen anzusprechen.
  • Sie zeigen Initiative und sind frei von jeglichen Ängsten aus diesem Grund bestraft zu werden.


Das Gegenteil der Subjektivität ist die Behandlung als Objekt. Die Behandlung als Objekt  – in der Schule wie bei einem Austausch – bedeutet, verschiedene Formen von Gewalt auszuüben: das Ignorieren der Meinung des/der Anderen, seiner/ihrer Vorlieben oder Beschränkungen bis hin zu einem derartigen Leitungsstil, bei dem die oder der einzelne bzw. die Gruppe nur die Rolle eines Rädchens im Getriebe spielt. Genau deshalb ist es so wichtig, sich immer wieder neue Anregungen zu suchen und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem unser eigenes Streben verstanden und unterstützt wird.

Beim Streben nach Subjektivität irren wir uns immer wieder und genau dieser Weg ist (leider?) der einzig wahre. Verlierst du dich? Denke daran, dass es keine Schande ist, sich im übergroßen Wald des Lebens zu verlaufen.9

Materialien auf Deutsch:

Sämtliche Materialien, die unerlässlich sind, um das Thema Subjektivität nach Korczak auf Deutsch, Englisch und Polnisch zu behandeln, können auf der Internetseite der Stiftung Korczakowska gefunden werden.

Materialien auf Englisch:


Materialien auf Polnisch →

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