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Beteiligung von Eltern

Natalia Krasowska
Trainerin, interkulturelle Pädagogin, Koordinatorin des Programms Service-Learning in Sachsen

„Könnten Sie uns beim Programm an einem der Nachmittage helfen?” – Marcin versteht die Frage der Lehrerin, die den Austausch mit der Partnerschule aus Deutschland organisiert, nicht. Seine Tochter ist Teilnehmerin des Projekts und die Familie wird auch eines der Mädchen aus der deutschen Gruppe zu Hause beherbergen. „Ich meinte Ihre Reitschule. Könnten Sie für unsere deutsch-polnische Gruppe zwei oder drei Stunden Reitunterricht auf Ihrem Reiterhof organisieren?”, erklärt die Lehrerin. Marcin ist überrascht, da er nicht erwartet hatte, als Vater einer Teilnehmerin des deutsch-polnischen Projekts die Verantwortung für einen der Programmpunkte zu übernehmen.

Ein internationales Begegnungsprojekt ist eine andere, aber ebenso wie der Schulunterricht eine wertvolle Form des Lernens. Die Jugendlichen schreiben keine Klassenarbeiten, dokumentieren aber jeden Tag der Begegnung schriftlich; sie lösen keine Matheaufgaben, dafür aber zum Beispiel Sudoku mit älteren Menschen in einem Pflegeheim. Es fördert auch Geduld, Empathie und Konzentration, während eines Gesprächs auf das Dolmetschen zu warten, sich in gemischte Gruppen einzuteilen und gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten.

Eine Jugendbegegnung wird auch ohne die Anwesenheit, Teilnahme und das Engagement der Eltern stattfinden. Ebenso wird ein junger Mensch auch ohne die Aufmerksamkeit und Liebe der Eltern erwachsen. In beiden Fällen ist jedoch die Frage nach der Qualität zentral. Die Eltern sind mitverantwortlich für die Atmosphäre des Austauschs, indem sie ihre Kinder mental oder das Projekt selbst organisatorisch unterstützen.1 Dadurch verleihen sie ihm einen individuellen Charakter und machen es außergewöhnlich und einzigartig. Sie bringen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen ein, nutzen ihr Netzwerk von Kontakten oder investieren ihre Zeit, um zusätzliche Mittel für den Austausch einzuwerben etc.2

Um die elterliche Beteiligung zu einem echten Mehrwert für das Austauschprojekt zu machen, muss sie durch ein oder zwei Treffen (insbesondere bei einer neuen Partnerschaft oder einem Personalwechsel) gut vorbereitet werden. Die für die Organisation und Durchführung des Programms verantwortliche Person stellt beispielsweise drei bis fünf Ziele des Austauschs vor: Der Austausch wird die Selbständigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ihr Selbstwertgefühl stärken; nach dem Treffen werden die Jugendlichen die geknüpften Kontakte pflegen und ihre Sprachkenntnisse und zwischenmenschlichen Kompetenzen weiterentwickeln; durch die intensive Zusammenarbeit mit den Gleichaltrigen der Partnergruppe lernen die Jugendlichen, unterschiedliche Standpunkte zu erkennen und ihre eigene Meinung zu äußern; durch den direkten Kontakt mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem Partnerland werden die Jugendlichen offener für kulturelle Vielfalt. Klar formulierte Ziele des Austauschprojekts sind wie eine Richtschnur für die Eltern. Sie bringen ihnen die Bedeutung der Teilnahme ihrer Kinder an der Jugendbegegnung näher und können ihre eigene Motivation steigern, sich an deren Planung oder Organisation zu beteiligen.

Während des Vorbereitungstreffens mit den Eltern empfiehlt es sich, nicht nur die Ziele des Austauschprojekts vorzustellen, sondern mit den Eltern über weitere wichtige Themen zu diskutieren. Dazu gehören zum einen organisatorische Fragen, wie z. B. die Unterbringung der jungen Gäste bei ihnen zu Hause (s. „Ankunft und Unterbringung”, „Brief an die Eltern” oder „Das DPJW-Starterpaket”, Teil 1 (PDF)). Zum anderen sollen die Möglichkeiten der Mitarbeit der Eltern im Projekt besprochen und konkrete Aufgaben definiert und verteilt werden.

Während des Gesprächs mit den Eltern sollte ausreichend Zeit für Diskussionen eingeplant werden, damit die Organisatoren die Hinweise und Erwartungen der Eltern an das Austauschprojekt kennenlernen und eventuelle Zweifel und Bedenken sofort klären können. Letzteres betrifft oft Fragen zu kulturellen oder religiösen Unterschieden. Eine bewährte Methode ist, einige Beispielsituationen, in denen kulturelle Unterschiede zu Tage treten (können), vorzustellen und zu erläutern, wie man mit diesen umgeht. Oder man schreibt die Fragen der Eltern an die Tafel und diskutiert mit der Technik „Fakten und Mythen”3 die für sie interessanten Themen. Dabei sollte man sich immer auf den Mehrwert konzentrieren, den Vielfalt für eine Jugendbegegnung bedeutet.

Das Gespräch mit den Eltern kann ein guter Anlass sein, dass sich Eltern die Bildungswirkung internationaler Austauschprojekte vergegenwärtigen, die bei ihren Kindern die Akzeptanz anderer Menschen sowie ihre emotionalen und sozialen Kompetenzen fördern.

Materialien auf Deutsch:

  • Schlösser, Elke: Zusammenarbeit mit Eltern – interkulturell: Informationen und Methoden zur Kooperation mit deutschen und zugewanderten Eltern in Kindergarten, Grundschule und Familienbildung, Ökotopia Verlag 2004.
  • Hinrichs, Ulrike / Romdhane, Nizar / Tiedemann, Markus: Unsere Tochter nimmt nicht am Schwimmunterricht teil, Verlag an der Ruhr.
  • Bojanowska, Joanna /Frassek, Dorota / Huminiak, Anna / Krasowska, Natalia / Mrówczyńska, Monika / Narr, Kristin / Soska, Dorota / Teffel, Michael / Wieczorkowska, Ewa / Zatylna, Magdalena: Das DPJW-Starterpaket”, Teil 1 (PDF), DPJW, Potsdam / Warschau 2019.
  • Methode: Wie im echten Leben (PDF).

Materialien auf Polnisch →

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